Noch Fragen? 0221 / 88 88 55-0

Aktuelles | 10.04.2024

Pflegereport: Kipppunkte bei Personal und Finanzierung ermittelt

Deutliche Finanzierungslücken der Pflegeversicherung und steigende Personalnot werden die Situation der Pflege in Deutschland massiv verschärfen. Zu diesen Ergebnissen gelangen die Autoren des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit, der jetzt vorgestellt wurde.

Bereits Ende 2024 ist nach den Berechnungen im DAK-Pflegereport eine Finanzierungslücke bei der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erwarten. Dies mache eine baldige Anhebung der Beiträge zur Pflegeversicherung notwendig, so die Studienautoren.

Ein weiterer Kipppunkt werde in einzelnen Bundesländern in den kommenden Jahren nach der Prognose der Forscher erreicht. Demnach werde in Bayern, Bremen oder Sachsen-Anhalt im Jahr 2029 die Zahl der Schulabgänger von Pflegeschulen geringer sein als die Zahl der Pflegekräfte, die in Rente gehen.

Diese Entwicklung hänge mit den altersbedingten Berufsaustritten der Baby-Boomer-Generation zusammen. Laut DAK-Pflegereport müssen in den nächsten zehn Jahren in vielen Bundesländern circa 20 Prozent Pflegepersonal ersetzt werden. Dieser Anteil variiert zwischen 19,7 Prozent in Sachsen, 20,4 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 26,5 Prozent in Bremen. Der errechnete Ersatzbedarf berücksichtigt nicht die demografische Entwicklung und die steigende Nachfrage nach professioneller Pflege. Der tatsächliche Bedarf dürfte daher noch weitaus größer sein.

Renteneintritt und Arbeitsmarktreserve

2023 gab es über 1.140.300 professionell Pflegende in Deutschland. 21,9 Prozent davon erreichen in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter. Für 2025 prognostiziert der Pflegereport 9.664 Renteneintritte, denen 36.004 Berufseinsteiger gegenüberstehen. Dadurch ergibt sich eine Arbeitsmarktreserve von 2,0 Prozent. Diese Reserve halbiert sich 2027 auf 1,0 Prozent. Diese Entwicklung setzt sich laut Studie fort: 2030 geht die Arbeitsmarktreserve noch einmal um die Hälfte auf 5.619 Kräfte zurück, was 0,5 Prozent entspricht.

Der DAK-Pflegereport stellt zudem große regionale Unterschiede fest. Dies sei wichtig, so die Studienautoren, da Pflege typischerweise ein Beruf mit einem regionalen Arbeitsmarkt sei.

NRW: Zahl der Altenpflegekräfte am stärksten gestiegen

Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, die Bemühungen um mehr Pflegepersonal auf der regionalen Ebene zu stärken. Dem neuen Pflegereport zufolge ist es NRW am besten gelungen, die Zahl der Beschäftigten in der Altenpflege in den vergangenen zehn Jahren zu erhöhen. Während Schleswig-Holstein und Bayern einen Zuwachs von 6,6 beziehungsweise 9,3 Prozent erreichten, erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten in der Altenpflege in NRW zwischen 2012 und 2022 um 45,8 Prozent. Als Hauptgrund für die positive Entwicklung in NRW führt der Pflegereport die Investitionen in die Altenpflegeausbildung auf. Daher erwarten die Studienautoren keinen Kipppunkt für den Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen.  Ein großer Personalmangel bestehe jedoch auch in NRW.

Angesichts der aktuellen Ergebnisse sei die Rolle der Ausbildungen in den Pflegeberufen zentral für die Stabilisierung des Pflegesystems, so die Forscher. Weitere im Pflegereport dargestellte Lösungsansätze betreffen die Zuwanderung internationaler Pflegekräfte, die Entlastung der Pflegekräfte von Bürokratie sowie eine mögliche „nachberufliche Erwerbstätigkeit und bürgerschaftliches Engagement“ der Baby-Boomer-Generation. Laut Umfragen sei die Sorgebereitschaft unter Vertretern dieser Generation stark ausgeprägt. Mehr als jeder Zweite könne sich vorstellen, Nachbarn oder Freunde bei Pflegebedürftigkeit regelmäßig im Alltag zu unterstützen.