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| 28.10.2008

Alternative Wohnformen: Eine Versorgungsform mit Zukunft

<b>LfK-Kongress verdeutlicht Wunsch und zunehmenden Bedarf nach neuen Wohnformen in NRW </b> Köln - Mehr als 160 Teilnehmer aus Pflege, Wohnungswirtschaft, Banken, Kommunen, Fachorganisationen und Handwerk nutzten am vergangenen Montag die Gelegenheit, sich auf dem LfK-Kongress "Die Zukunft ALTERnativer Wohnformen in NRW" in zahlreichen Vorträgen und praxisorientierten Workshops über neue Möglichkeiten im zukunftsträchtigen Bereich der alternativen Wohnformen zu informieren. Namhafte Experten, Referenten aus Ministerium, kommunaler Verwaltung, Kassen, Pflege und Wohnungswirtschaft analysierten und bewerteten hierbei die Auswirkungen von Pflegereform und dem geplanten neuen NRW-Heimgesetz (Gesetz über das Wohnen mit Assistenz und Pflege in Einrichtungen (Wohn- und Teilhabegesetz - WTG)) auf die innovativen Betreuungsformen. Organisiert wurde der Kongress vom Landesverband freie ambulante Krankenpflege NRW e.V. (LfK) mit Unterstützung durch den Verband der Wohnungswirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen e.V.

In seinem Eröffnungsvortrag kommentierte Klaus Pawletko, Gründer der ersten Alzheimer-Wohngemeinschaften und Vertreter des Vereins Freunde alter Menschen e.V., den WTG-Entwurf vor dem Hintergrund von zwölf Jahren Berliner WG-Erfahrung. Mit dem neuen Gesetzesentwurf werde die Dominanz von Trägern faktisch anerkannt, sagte Klaus Pawletko. Das sei "das weinende Auge", so Pawletko weiter, "zumindest für mich als Mitarbeiter einer Verbraucherschutzorganisation". Gleichzeitig habe das WTG somit Wohngemeinschafts-Gründungsrealitäten berücksichtigt. "Es hat von der romantischen Vorstellung Abschied genommen, dass es immer Bürgerinitiativen aus dem Herzen des Gemeinwesens" seien, die die Projekte initiieren. Und dies sei "auch gut so". Denn man brauche "die Kompetenz und das Fachwissen von ambulanten Pflegediensten, die bei der Gründung von alternativen Wohnformen als Partner auftreten".

 

"Mit dem Wohnen ist die Frage "Wie lebe ich?" verknüpft", betonte in ihrem Vortrag Dr. Uta Renn, die als Vorsitzende der Landesseniorenvertretung NRW die Erwartungen an alternativen Wohnformen aus der Sicht von Bewohnern präsentierte. Sie hob die Bedeutung eines veränderten Selbstbildes von Senioren hervor: "Der allgemeine Trend in der Selbstwahrnehmung älterer Menschen verläuft hin zu einer Stärkung der Wahrnehmung positiver Aspekte des Alters. Dabei stehen die Nutzung der persönlichen Möglichkeiten sowie eine eigenständige Alltagsgestaltung, gesellschaftliche Partizipation und Selbstbestimmtheit im Mittelpunkt". Daher sei es notwendig, im Bereich der alternativen Wohnformen mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten für Bewohner zu eröffnen. Auch aktivierende Angebote im nahem Umfeld sowie die Integration des Wohnens in Infrastrukturen werden gefragter. Doch auch die Bezahlbarkeit der Alternative sei weiterhin bedeutend, so Dr. Renn. Zum Schluss äußerte die Referentin den Wunsch nach mehr neuen Projekten: "Wir brauchen eine Zunahme alternativer Wohnformen". Denn nur, wenn man Alternativen erproben könne, könne man entsprechend entscheiden, ob und inwieweit sie den Bedarfen und Wünschen von Bewohnern entsprechen.

Den Bedarf nach neuen Wohnmodellen thematisierte auch Klaus Dumeier, Vertreter des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen, in seinem Vortrag "Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz und seine Auswirkungen auf alternative Wohnformen". "Im Flyer dieser Veranstaltung wird auch darauf hingewiesen: Der Pflegemarkt ist in Bewegung. Und dabei spielen alternative Wohnformen eine wesentliche Rolle. Aus meiner Sicht - zu Recht!", betonte der Referent die Bedeutung der innovativen Versorgungsform aus Sicht der Kassen.

 

Nina Schoppmann, Referentin für Grundsatzfragen des VdW Rheinland Westfalen, wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass Kooperationen zwischen der Wohnungswirtschaft - mit dem Kerngeschäftsfeld der Vermietung - und ambulanten Pflegediensten - mit ihren Kernkompetenzen in der Betreuung und Pflege - eine zentrale Voraussetzung sind, um den Auf- und Ausbau von alternativen Wohnformen zu forcieren. Die Unschärfen hinsichtlich des Geltungsbereichs im noch gültigen Heimgesetz des Bundes sowie die dezentrale Organisation der Heimaufsicht in NRW hätten in der Vergangenheit zu Planungs- und Investitionsunsicherheiten und Zurückhaltung geführt. Da der Entwurf des Wohn- und Teilhabegesetzes NRW in der derzeitigen Fassung die Abgrenzungsproblematik zwischen dem Wohnen im Heim und dem privaten vorstationären Wohnen nicht abschließend löse, fordere "die Wohnungswirtschaft" hier Klarstellungen.

Die besondere Rolle von ambulanten Pflegediensten als "Motor alternativer Wohnformen in NRW" hob LfK-Geschäftsführer Christoph Treiß hervor. In seinem Vortrag ging er auf wichtige Tendenzen und Konsequenzen der veränderten Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen aus Sicht der häuslichen Pflege ein. "Pflegedienste verfügen über vielfältige Kernkompetenzen, die auch für den Aufbau alternativer Wohnformen, wie zum Beispiel ambulant betreute Wohngemeinschaften, notwendig sind", sagte Treiß. Neben dem Bereich der pflegerischen Kernleistungen führte er auch die Vertragspartnerschaft mit den gesetzlichen Kostenträgern auf, die zum Beispiel Fragen der Qualitätssicherung regelt. Darüber hinaus verfügten Pflegedienste über die notwendige örtliche Vernetzung mit anderen an der Versorgung Beteiligten und spielten hierbei eine wichtige Rolle als Informationsträger. Die Praxis zeige auch, dass die "Betreuungsphilosophie" bei vielen Projekten im Vordergrund stehe, so Treiß. "Und hier punkten Pflegedienste, die sich Reputation und Vertrauen ihrer Kunden erarbeitet und ein entsprechendes "Empfehlungsmarketing" aufgebaut haben."

Auf reges Interesse bei den Kongress-Besuchern stießen die praxisorientierten Workshops am Nachmittag. Zu welchen Konditionen zinsgünstige Darlehen für Wohnprojekte in Nordrhein-Westfalen vergeben werden und was hierbei beachtet werden muss, stellte beispielsweise Anne-Marie Wirtz dar, Leiterin des Referates "Wohnraumförderung" im Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW, im Rahmen des Workshops "Wohnraumfördermittel für alternative Wohnformen". Ausschlaggebend für eine Förderung sei hierbei nicht die Antwort auf die Frage, ob die alternative Wohnform unter das geplante Heimgesetz fällt, betonte die Referentin. Denn auch in diesem Fall seien verschiedene Förderungen möglich. Bei der Entwicklung ihres Projekts sollen die Betreiber also nicht ihre Wohnform an die Anforderungen der einzelnen Fördermodelle ausrichten, sondern das Projekt der Behörde vorstellen und gemeinsam mit der zuständigen Beraterin nach geeigneten Fördermöglichkeiten suchen.

Weitere praxisorientierte Workshops deckten wichtige Aspekte des Kernthemas wie "Wohngemeinschaften: Raumkonzepte für Menschen mit Demenz" (Referentin: Elisabeth Schneider-Grauvogel, Kuratorium Deutsche Altershilfe), "Wohngemeinschaften aus Sicht des Sozialhilfeträgers: Anforderungen an Konzepte; bauliche, inhaltliche und sozialhilferechtliche Rahmenbedingungen" (Referentin: Cornelia Clauß-Gast, Amt für Soziales, Stadt Köln) oder "Wohngemeinschaften aus Sicht der Heimaufsicht: Bewohnerorganisation als Abgrenzungskriterium" (Referent: Jörg Schneider, Heimaufsicht, Stadt Leverkusen).

Begleitet wurde der Kongress durch eine Fachausstellung mit Produkten und Dienstleistungen rund um das Thema Wohnen und Pflege. Zu den Ausstellern zählten unter anderem die Bank für Sozialwirtschaft, das Kuratorium Deutsche Altershilfe, die Daimler AG mit der Automarke smart, die Geberit-Gruppe sowie die Kordel GmbH.

"Wir haben erlebt, wie Referenten, Teilnehmer und Aussteller den LfK-Kongress zu einem gemeinsamen Erlebnis mit sehr hohem Informationswert gemacht haben. Diese positive Erfahrung motiviert uns zusätzlich, auch weiterhin die Pflegezukunft in NRW mitzugestalten", sagte LfK-Geschäftsführer Christoph Treiß zum Abschluss der Tagung.