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| 01.07.2005

Bundessozialgericht hat entschieden: HKP-Richtlinien nicht abschließend!

In einem aktuell veröffentlichten Urteil, kommen die Richter des 3. Senats des Bundessozialgerichtes (BSG) zu der Entscheidung, dass auch Leistungen außerhalb des Leistungsverzeichnisses der Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie) von den Ärzten verordnungsfähig sind und die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden müssen.

Die Richter hatten über folgenden Fall zu entscheiden:

Die 1922 geborene Klägerin erhält Leistungen der Pflegestufe III und bezieht ebenfalls Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Im Wesentlichen leidet die Klägerin an Polyarthrose, Demenz vom Typ Alzheimer, Osteoporose, den Folgen eines Schlaganfalls, rezidivierenden Druckgeschwüren mit Wundheilungsstörungen und ist deswegen bettlägerig. Neben Krankengymnastik verordnete der Hausarzt zusätzlich tägliche Bewegungsübungen durch einen Pflegedienst im Rahmen der häuslichen Krankenpflege.

Die zuständige Krankenkasse lehnte diese verordneten Maßnahmen mit der Begründung ab, es handle sich bei den Leistungen um Leistungen der Mobilisation die bereits über die Leistungen der Pflegeversicherung abgegolten seien. Darüber hinaus stütze die Kasse ihre Ablehnung auch auf die Richtlinien über die Verordnung häuslicher Krankenpflege, die Bewegungsübungen im Rahmen der Behandlungspflege nicht vorsehe.

Die Klägerin sah dies anders und bekam Recht. Die Richter stellten folgende Grundsätze auf:

1. Bei den zusätzlich zur Krankengymnastik verordneten Bewegungsübungen handelt es sich um Maßnahmen der Behandlungspflege, da sie in dem zu entscheidenden Fall den Bereich der Leistungen der Mobilisation im Rahmen der Pflegeversicherung überschritten.

2. Die HKP-Richtlinien stellen keinen abschließenden Leistungskatalog über die zu erbringenden Leistungen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege dar. Hierzu fehlt es dem Gemeinsamen Bundesausschuss an der gesetzlichen Ermächtigung.

3. Maßnahmen der Behandlungspflege, die im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich sind, bleiben auch außerhalb der HKP-Richtlinien in der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Behandlung einer akuten oder chronischen Erkrankung handelt.

4. Auch, dass die Bewegungsübungen nur durch entsprechend ausgebildete Krankengymnasten geleistet und abgerechnet werden dürfe widerspricht dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Anhaltspunkte dafür, dass diese Leistungen nicht auch fachgerecht durch Alten- und Krankenpfleger ausgeführt werden könnten, sind nicht ersichtlich.

"Ein absolut begrüßenswertes Urteil und ein Meilenstein für die Rechte der Versicherten," so Anke Willers-Kaul, stellvertretende Geschäftsführerin des LfK.

Ähnlich der Entscheidung des Landessozialgerichts vom 17.03.2005 (Az.: L 16 KR 99/04) in Sachen Einmalkatheterisierung (LfK-Pressemitteilung vom 01.06.2005), wurde hier im Sinne der Patienten für einen umfassenden Krankenbehandlungsanspruch entschieden.

Im Hinblick auf die Feststellungen der Kassler Richter, ist zu wünschen dass die Kassen ihre Ablehnungspraxis im Genehmigungsverfahren häuslicher Krankenpflege überdenken.