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Aktuelles | 16.11.2012

Europäischer Gerichtshof zur Mehrwertsteuer: Private Pflegedienste und freie Wohlfahrt gleich behandeln

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer aktuellen Entscheidung eine steuerliche Ungleichbehandlung zwischen Pflegediensten der freien Wohlfahrt und privaten Pflegediensten als unzulässig bestätigt.

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

Im Grundsatz lautet das Urteil des Gerichtshofs: Auch private Pflegedienste müssen für ihre Tätigkeit – die Pflege von kranken und gebrechlichen Menschen – von der Umsatzsteuer befreit werden (Az.: C-174/11). Die Befreiung dürfe nicht davon abhängig gemacht werden, in welchem Umfang staatliche Einrichtungen Pflegekosten übernehmen.

Dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hatte die Sache der Bundesfinanzhof in München. Dabei ging es um die Frage, ob private Pflegedienste nur dann von der Mehrwertsteuer befreit werden können, wenn die Pflegekosten seiner Kunden im Vorjahr zu mindestens zwei Dritteln von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe getragen wurden.

Der EuGH sah durch eine solche Vorschrift den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt. Auch unter Gesichtspunkten der Gleichbehandlung von privaten und Anbietern aus der freien Wohlfahrt verbiete sich eine solche Regelung.

Der dem Gericht vorgelegte Fall betraf allerdings die Umsatzsteuerregelung aus dem Jahr 1993 und 1994. Aktuell gilt – bereits seit 2009 – eine andere Regelung. Danach gelten Leistungen, die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfebedürftiger Personen eng verbunden sind, in den meisten Fällen als umsatzsteuerbefreit: Und zwar immer dann, wenn ein Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI vorliegt oder der Pflegedienst einem SGB V-Vertrag gemäß § 132a SGB V beigetreten ist. Das gilt für alle Pflegedienste unabhängig von der Trägerschaft.