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Aktuelles | 24.01.2008

Pflegereform: Kompetenzforderungen der Pflege stoßen auf Widerstand

Im Gesundheitsausschuss des Bundestages setzten Politiker und Experten am vergangenen Mittwoch die Anhörung über die Reform der Pflegeversicherung fort. Diskussionspunkte waren am zweiten Tag der Anhörung berufsrechtliche Fragestellungen sowie die langfristige Finanzierung der Pflegeversicherung. Zu beiden Themen gingen die Expertenmeinungen weit auseinander.

Einig waren sich die Teilnehmer der Anhörung lediglich darin, dass die vorgesehene Beitragsanhebung der Pflegeversicherung auf 1,95 Prozent die Finanzierung der solidarischen Pflegeversicherung bis 2015 sicherstelle. Eine langfristige Lösung der zunehmenden Finanzschwäche des Systems sei jedoch unumgänglich. Die Vorstellungen allerdings, wie diese Lösung auszusehen hat, sind weiterhin unterschiedlich.

Den immer wieder angesprochenen Finanzausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung lehnt vor allem die Union ab. "Experten haben dieser Regelung nicht nur eine fehlende Verfassungskonformität bescheinigt, sie würde auch nach etwa 15 Jahren dazu führen, dass die soziale Pflegeversicherung umgekehrt Solidarleistungen an die private Pflegeversicherung leisten müsste", so die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU, Annette Widmann-Mauz. Als Alternative wurde der bereits im Koalitionsvertrag vorgesehene Aufbau eines Kapitalstocks ins Gespräch gebracht.

Der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen nutzte die Gelegenheit, eine neue Studie zur Finanzentwicklung der Pflegeversicherung zu präsentieren und mit ihrer Hilfe seine Forderung nach der Abschaffung der Pflegeversicherung zu unterstreichen. Der Freiburger Studie zufolge würden die Beiträge zur Pflegeversicherung bis 2055 bei verstärktem Leistungsabfall auf mindestens 4,6 - eher noch sieben - Prozent steigen. Raffelhüschen plädierte daher dafür, das ohnehin dem Zusammenbruch geweihte System abzuschaffen und die Pflegevorsorge zur Privatsache zu erklären, wie auch die FDP es fordert.

Kompetenzgerangel zwischen Medizinern und Pflegenden

Ebenfalls kontrovers diskutiert wurden die Pläne der Bundesregierung, Angehörigen von Pflegeberufen zu ermöglichen, Pflegehilfsmittel und Verbandsmittel zu verordnen und Entscheidungen bezüglich der häuslichen Krankenpflege nach SGB V zu treffen. Während die Regierung sich davon eine bessere Versorgung chronischer Krankheiten sowie eine verbesserte Betreuung in unterversorgten ländlichen Gegenden erhofft, fürchten die Medizinerverbände um die Qualität der Versorgung.

Der Deutsche Pflegerat (DPR) unterstützte am Mittwoch das Vorhaben der Regierung, eine Öffnung des so genannten Arztvorbehalts in Modellprojekten zu erproben. Bislang gebe es eine Reihe von Versorgungsfragen, bei denen das Prinzip der Delegation eine effektive und effiziente Pflege erschwere, so DPR-Vizepräsident Franz Wagner. Versorgungsqualität und -sicherheit sollten daher, auch mit Blick auf die internationale Pflegelandschaft, vor berufspolitischen Vorbehalten stehen.

Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung sprachen sich dagegen dafür aus, alternative Modellvorhaben zu erproben, die stärker auf Delegation bestimmter ärztlicher Tätigkeiten auf Pflegekräfte fokussiert sind, die ärztliche Auswahl- und Durchführungsverantwortung aber unangetastet lassen. Die Öffnung des Arztvorbehalts sei "eine gesundheitspolitisch und gesundheitsökonomisch, vor allem medizinisch fragwürdige Entscheidung", hieß es.